Crossdresser beim Psychologen
Tamaris - 1-24317-30
Während meiner Reha in Davos wollte ich nicht auf
meine Feinstrümpfe, Damenhosen und Pumps (bzw. Damenschuhe allg.) verzichten,
die ich schon seit längerem trage. Ich wollte mich nicht für Andere verbiegen. Dementsprechend offen und selbstverständlich bin ich damit
umgegangen. Natürlich ließen ungläubige Blicke nicht lange auf sich warten.
Unglücklicherweise führte ein Asthmaanfall mit anschließenden Kreislaufproblemen dazu, dass mich eine Stationsschwester per Rollstuhl zurück in
mein Zimmer bringen musste. 'Sie tragen ja Damenschuhe', stellte sie entsetzt fest. Irgendwann später ein Anruf: 'warum machen sie das?' Also war
Aufklärung angesagt. Während des Gespräches meinte sie nur, dass man das nicht machen darf. Sie selbst sei als Mädchen geboren und Gott will, dass
sie als Frau lebt. Alles andere sei unmöglich. - Nun denn, auch eine Meinung.
Wenig später kam die Stationsärztin an, weil die Schwester 'gepetzt' hatte. Im Laufe des Gespräches kam natürlich das Angebot bzw. der Rat, mich mit einer
Psychologin darüber zu unterhalten. Sie sollte mich wohl davon abbringen.
Nun denn, ein paar Tage später hatte ich zwei Termine für eine 'Sitzung'. Natürlich möchte und darf ich hier keine Einzelheiten über den
Inhalt nennen.
Als Ergebnis sei aber eines festzuhalten: solange ich dazu stehe und es mir gefällt, Damenkleidung gleich welcher Art zu tragen und
ich mich dabei wohl fühle, solange ist es vollkommen in Ordnung und für mich genau das Richtige ... und sie werde 'den Teufel tun' und mir dies
ausreden. Im Gegenteil, die Stationsschwester M. hätte den Termin wahrscheinlich nötiger.
Will heißen: in meinem Leben sind zuerst einmal ich und mein Wohlbefinden wichtig und nicht die verkorkste Meinung anderer Menschen. Und wenn es
in gewissen Situationen unpassend erscheinen sollte oder ich mich unwohl fühle, Damenkleidung zu tragen, dann und eigentlich auch nur dann soll
ich darauf verzichten.
Und so hatte ich in der Reha auch nicht die Kombination,
wie sie auf dem Bild oben zu sehen ist, getragen, sondern zur schwarzen Hose
schwarze Feinstrümpfe und Pumps bzw. zur beigen Hose auch hautfarbene Strümpfe und helle Pumps, also farblich besser aufeinander abgestimmt
und weniger auffällig.
Dieser Termin war natürlich sehr aufbauend und ermunternd. Meine Tischnachbarinnen waren natürlich entsprechend eingeweiht und
dem Thema gegenüber sehr offen. Sie fanden es mutig und gut. Entsprechend locker gingen wir miteinander um.
Eine andere Patientin kam irgendwann an und fragte direkt, warum ich Damenschuhe trage. Nach meiner Erklärung resümierte auch sie, dass sie es gut
und mutig findet, dass ich so herum laufe. Sie findet es schlimm, dass alle anderen im Prinzip alle irgendwie gleich aussehen: grau in grau,
Einheitslook usw. Endlich einmal jemand, der etwas anders ist ...
Kurze Zeit später am Wasserspender: eine Frau in den Vierzigern läuft um mich herum mit ständigem Blick auf meine Füße - ein herrliches Bild! In den
restlichen Tagen habe ich mich über diese Blicke einfach nur noch köstlich amüsiert.
Fazit
Natürlich kann ich es nicht allen Menschen Recht machen. Aber muss ich das auch? Ich denke nein. Solange ich weiß, was für mich
persönlich gut ist und ich damit gut zurecht komme, solange ist es auch richtig. Ein 'so etwas macht man nicht' ist mehr als antiquiert und
sollte in unserer modernen, aufgeklärten Welt keinen Platz mehr haben. Aber wenn jemand in diesem engen Rahmen leben möchte, soll er es gerne machen.
Dass es auch anders geht, zeigt unser Beispiel.
Und - wer nicht fragt, muss eben dumm durch's Leben gehen.
Crossdressing als Krankheit?
Eine Besucherin hat mich auf einen interessanten Punkt hingewiesen mit der Frage: 'Sind Crossdresser krank?' Hintergrund dieser Frage ist
die Tatsache, dass es sogar einen ICD-Code für das Tragen
gegengeschlechtlicher Kleidung gibt. Was im Umkehrschluss bedeutet: Die meisten Frauen sind als krank einzustufen. Hier könnte beispielsweise
F64.9 oder F64.1 genannt werden. Es geht hierbei aber beispielsweise um das Verlangen, eine zeitweilige Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht erleben
zu wollen.
Wenn man sich die anderen Einteilungen anschaut, relativiert sich die Sache wieder, denn diejenigen, die unsere Macke ablehnen oder sogar aktiv dagegen
meckern und vorgehen, werden ebenfalls mit einem ICD-Code belegt, z.B. F68.8 oder F60.8.
Wenn man bedenkt, dass die ersten ICD-Code-Tabellen im frühen 20. Jahrhundert entstanden sind (in 1938 gab es bereits die 5. Auflage), dann kann man sich auch gut
vorstellen, welche verbohrten und ewig gestrigen Gehirne daran mitgearbeitet haben. Mittlerweile gibt es auch schon einige Proteste gegen die derzeit noch
vorhandenen Einteilungen z.B. zur Transsexualität usw., weil es u.a. keine Differenzierung zwischen der Diagnose und den Symptomen gibt, d.h. es wird nicht wirklich
zwischen möglichen Ursachen und deren Auswirkung unterschieden. Daher bleibt zu hoffen, dass u.a. solche Einteilungen in der 11. Version ersatzlos gestrichen
werden, denn sie sind diskriminierend.
Bei all diesem Wahn ist aber auch zu erwähnen, dass es keine Einteilung gibt, zumindest habe ich keine gefunden, die das Tragen von gegengeschlechtlicher Kleidung
aus praktischen Gründen spezifiziert. Puh, Glück gehabt, d.h. hiermit sind schon einmal fast alle Frauen ausgenommen. Um diesen Unsinn noch mehr Lächerlichkeit
zu verpassen, sind sogar verschiedene Sexualpraktiken mit einem ICD-Code versehen worden.
Also, Krankheit ist relativ. Asthma ist eine Krankheit. Crossdressing ist laut ICD ebenfalls eine Krankheit. Die verstörten Ablehner wurden aber ebenfalls mit einem
ICD-Code versehen. In den kleinkarierten und ewig gestrigen Hirnen ist aber auch alles als Krankheit einzustufen, was nicht ihrer begrenzten Norm entspricht.
Daher ist Krankheit in vielen Fällen relativ und liegt ausschließlich im Auge des Betrachters.
Genauso muss man sich umgekehrt einmal vorstellen, was es für einen Mensch bedeuten muss, der sich im Körper des falschen Geschlechts gefangen fühlt. Er weiß, dass
er im Grunde genommen eine Frau ist und auch so fühlt. Er muss sich nach außen hin aber meist eher widerwillig als Mann geben, nur weil die Umgebung es von ihm
so erwartet. Ausgeglichenheit und Glück wird dieser Mensch nur dann erfahren, wenn er zumindest zeit- oder teilweise dem inneren Druck nachgeben kann. Typische
Damenkleidung und Accessoires sind daher existentiell wichtig für das innere Gleichgewicht. Dass diese Person mit F64.0 bedacht wird, ist doch vollkommen egal, oder?
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Seite bearbeitet am 15.12.2019.